Marie Reinders

Marie Reinders (geboren 27.02.1867, gestorben 23.03.1911 in Dortmund) war eine Bildungspionierin und eine Kämpferin für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern.  Eine Schule trägt noch heute ihren Namen: Marie Reinders Realschule.

Schwarz-Weiß-Aufnahme von Marie Reinders.

Name:

Marie Reinders

Geboren:

27. Februar 1867

Gestorben:

23. März 1911

Sterbeort:

Dortmund

Lebenslauf

1867

Geboren am 27. Februar in Dortmund

1873

Besuch der Westentor-Grundschule 1877

Bis 1883

Besuch der höheren Töchterschule

1883

Lehrerinnen-Seminar in Eisenach

1887

Leitung Töchterschule in Stadtsulza/Thüringen

1890

Leitung höhere private Mädchenschule in Menden

1901

Gründung der Marie-Reinders Mädchenmittelschule

1908

Nach schwerer Erkrankung städtische Übernahme der Schule

1911

Marie Reinders stirbt am 21. März im Alter von 44 Jahre

Ausbildung und erste Lehrjahre

Schwarz-Weiß-Aufnahme des Hauses an der Schwarze Brüder Straße.
Schwarze Brüder Straße
(Quelle unbekannt)

Marie Reinders wurde am 27. Februar 1867 in der Nähe der Zeche Westfalia in Dortmund als Tochter eines Zechenbeamten geboren. Sie besuchte die Höhere Mädchenschule in Dortmund – Schwarzer Brüder Straße (heute Kaufhof) und studierte von 1883 bis 1886 im Lehrerinnen-Seminar der Carolinen-Schule in Eisenach. Zurück in Dortmund war ihre erste Anstellung im Haus des Pastors Richter in Bodelschwingh, mit deren Familie sie bis zu ihrem Tod ein freundschaftliches Verhältnis geführt hat. 1887 wurde sie Leiterin einer Töchterschule in Thüringen. Marie Reinders kehrte 1889 nach Dortmund zurück. Sie übernahm 1890 für neun Jahre die Höhere Privatmädchenschule in Menden und wurde Mitglied in dem „Allgemeinen Deutschen Lehrerinnenverein“ von Helene Lange.

Der steinige Weg bis zur Gründung der Mädchen-Mittelschule

Gezeichnete Skizze des Hauses an der Schwarze Brüder Straße.
Schwarze Brüder Straße
(Quelle: Baukunstarchiv)

In Gesprächen mit den Lehrerinnen aller Schulgattungen erkannte sie bald, dass im Bildungsbereich in Dortmund eine große Lücke bestand: es fehlte das mittlere Schulwesen, – 2 – das den jungen Menschen, die in mittlere oder gehobene Berufe wollten, eine erweiterte Allgemeinbildung vermittelt. Das Ziel, eine solche für Mädchen einzurichten, um auch diesen die Möglichkeit zu bieten, Berufe auszuüben und eigenständig Geld zu verdienen, verfolgte sie mit viel Engagement und sie musste dafür einiges an Überzeugungsarbeit leisten. Ihr Ansinnen wurde schon 1891 durch ein städtisches Gutachten unterstützt. Am 2. Oktober 1900 reichte sie ein Gesuch für die Errichtung einer Mädchen-Mittelschule ein und erklärte sich bereit, das gesamte Risiko dafür zu tragen, da die Stadt dies nicht übernehmen wollte. Auch eine weibliche Schulleitung war nicht gewünscht. Dank der Unterstützung des damaligen Oberbürgermeisters Schmieding gelang es Marie Reinders jedoch, ihre Schule einzurichten.

Unterrichtstart am 24. April 1901 in einem „wunderlichen Haus“

Aquarell-Gemälde von Marie Reinders, die unter einem Baum ein blondes Kind auf dem Arm hat; zwei Mädchen stehen davor.
©Sabine Schümers

Am 24. April 1901 startete der Unterricht in einem Gebäude an der Stelle, an der sich heute das Kaufhaus Karstadt befindet. Sie selbst soll mit gütiger Strenge auf die Kinder eingewirkt haben. Sie hat zudem Elternabende ins Leben gerufen, damals eine absolute Neuerung. Das war nur einer ihrer fortschrittlichen Erziehungsmethoden. 1901, das Jahr der Eröffnung der Mädchen-Mittelschule, schrieb Marie Reinders in einem Aufsatz mit dem Titel ‚Entwicklung, Stellung Aufgabe der Mädchen-Mittelschule‘: „…. Andererseits sind aber auch die Anforderungen, welche das Leben an das Wissen und Können jedes Einzelnen stellt, immer mehr gewachsen. Das gilt nicht nur für das männliche, sondern auch für das weibliche Geschlecht. Genügt daher vielen Bürgerfamilien das durch die Absolvierung der Volksschule erlangte Wissen nicht für ihre Söhne, werden diese auf Gewerbe- oder Realschulen geschickt; so können ihre Töchter heute mit demselben Recht eine Schulbildung beanspruchen, die ihnen Aussicht auf ein selbständiges Fortkommen bietet. Mehr wie jemals zeigt sich das heute in der Zeit des allgemeinen wirtschaftlichen Niederganges als ein Gebot der Notwendigkeit.“ In einer Zeit, als berufstätige Frauen weitgehend unbekannt waren, war das ein revolutionärer Vorstoß.

Neubau im Jahr 1902 wegen explodierender Anmeldezahlen

Aquarell-Gemälde von Marie Reinders in grauem Kleid, mit Hut, Wanderstock und einem Blumenstrauß in der Hand, auf einer Wiese.
©Sabine Schümers

Der Unterricht wurde zu Ostern mit 62 Schülerinnen in drei Klassen und mit vier Lehrenden aufgenommen. Aufgrund der dann stark ansteigenden Schülerinnenzahlen reichte der Platz sehr schnell nicht mehr aus, so dass Marie Reinders den Entschluss fasste, ein neues Schulhaus zu bauen. Auch dieses Vorhaben wurde mit Ehrgeiz von ihr verfolgt – und bereits im September 1902 konnte ein Neubau auf der Lindenstraße 51 erstellt werden. 1904 war der innere Ausbau der Schule abgeschlossen, zusätzlich hatte sie einen weiteren Kredit aufgenommen, um den angrenzenden Femegarten für ihre Schule zu erwerben. Seit ihrer Gründung 1901 mit 62 Schülerinnen hat sich innerhalb von sechs Jahren die Anzahl auf 390 erhöht, was die Notwendigkeit und Berechtigung der Mittelschule in der damaligen Zeit beweist.

In der Festschrift der heutigen Marie-Reinders-Realschule aus dem Jahr 1961 gibt es folgenden Textabschnitt, der verdeutlicht, was für einen wichtigen Beitrag sie für eine starke Mädchenausbildung in Dortmund leistetet: „Für ihre Schülerinnen sorgte sie mütterlich; viele sind in ihrer Schule umsonst unterrichtet worden. Selbstverständlich beriet sie mit den Abgehenden, für welchen Beruf sie geeignet waren. Als eine begabte Schülerin eines körperlichen Fehlers wegen nicht ins Lehrerinnen-Seminar aufgenommen werden sollte, reiste sie selbst mit ihr nach Münster und setzte die Aufnahme durch.“

Krankheit und früher Tod

Porträt von Marie Reinders als Bleistift-Skizze.
©Sabine Schümers

Marie Reinders erkrankte 1907 schwer an einer Lähmung ihrer Beine, deren Ursache nicht herausgefunden werden konnte. Sie verstarb vier Jahre später am 21. März 1911. Sie wurde auf dem Ostenfriedhof in Dortmund beigesetzt. Ihre Schule, die erste Mädchen-Mittelschule in Dortmund wuchs weiter und gab Anstoß für weitere Mittelschulen. In dankbarer Würdigung ihrer Verdienste entschloss sich der Rat der Stadt Dortmund 1927, der Mädchen-Mittelschule beim Einzug in ihr nächstes Zuhause auf der Ruhrallee den Namen Marie-Reinders-Mittelschule zu geben. Aus der gleichen Verpflichtung heraus, erhielt die nach der Zerstörung wiederaufgebaute Mädchen-Mittelschule in Dortmund Hörde 1951 den Namen Marie-Reinders-Realschule, den sie bis heute trägt.

Marie Reinders war eine Frau mit erstaunlichem Weitblick und bewundernswerter Energie, von großer Güte und Bescheidenheit, von Frohsinn und geprägt durch einen starken Glauben. In Dortmund steht ein Denkmal, dass an sie erinnert. Sie wurde mit aufgenommen in die Liste der FrauenOrte Ruhr.

Standort

Kartenausschnitt von ©OpenStreetMap

Das Denkmal befindet sich an der Ecke Hansaplatz / Hansastraße / Schwarze Brüder Straße.

Marie Reinders‘ Leben als Biografie

Die faszinierende Geschichte von Marie Reinders, aufgeschrieben von Heike Wulf, wird in einer fiktiven Biografie lebendig. Das Buch kann gegen Übernahme der Portogebühren bestellt werden – eine wunderbare Gelegenheit, in eine inspirierende Geschichte einzutauchen.

Quellen

Foto Marie Reinders:

Festschrift der Marie-Reinders-Realschule 1961

Gemälde:

Sabine Schümers

Texte:

Stadtarchiv Dortmund; Archiv der Geschichtswerkstatt Dortmund; Festschriften der Marie-Reinders-Realschule 1961; Dortmunder Zeitung 1901-1935 (07.02.1925, 08.12.1901, 15.01.1901, 15.03.1901, 14.02.1902, 04.10.1902, 09.11.1902, 02.03.1908, 22.03.1911, 21.03.1911)